VSWB

Vereinigung für sozialpädagogische und wirtschaftliche Betreuung e.V.

INFORMATIONEN ZUR RECHTLICHEN BETREUUNG GEM. §§ 1896 FF. BGB

Bis zum 01.01.1992 galt in der Bundesrepublik das Vormundschaftsrecht für Volljährige. Man unterschied damals zwischen der Gebrechlichkeitspflegschaft und der Vormundschaft.

Die Gebrechlichkeitspflegschaft konnte entweder mit dem Einverständnis der Betroffenen oder als Zwangspflegschaft eingerichtet werden. Der Pfleger wurde für bestimmte Aufgabenkreise bestallt. Die Pflegschaft hatte keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit und das Wahlrecht.

Zuständig für die Einrichtung waren die Amtsgerichte. Für das Verfahren reichte ein Antrag und ein Pflegschaftsattest.

Antragsberechtigt waren sowohl Privatpersonen, als auch Kliniken und Behörden. Bestellt werden konnte eine Privatperson oder eine Behörde (i.d.R. das örtliche Jugendamt).

Der Sachverständige für das Pflegschaftsattest und das Mündel wurden im Laufe des Verfahrens vom für den Bezirk zuständigen Amtsrichter vernommen.

Die Einrichtung einer Pflegschaft war zeitlich nicht begrenzt. Sie konnte nur durch ein Aufhebungsverfahren beendet werden.

Die Einrichtung der Vormundschaft hatte eine vollständige Entmündigung des Betroffenen zur Folge. Alle Rechte des Betroffenen wurden auf den Vormund übertragen. Die Betroffenen waren geschäftsunfähig, besaßen kein Wahlrecht und konnten keine Ehen schließen.

Die Nachteile dieser Regelung waren erheblich. Es handelte sich hier um einen sehr starren Eingriff in die Rechte des Betroffenen. Es war rechtlich nicht möglich, dem Mündel Aufgaben zu übertragen, die eigenständig geregelt werden konnten, da die Vormundschaft alle Rechtsgeschäfte umfasste.

Darüber hinaus hatte die Vormundschaft eine Diskriminierung des Betroffenen zur Folge. Die soziale Stellung in der Gesellschaft war in der Regel niedrig.

Weitere Nachteile bestanden in der Form der Verwaltung der Betroffenen. Die überwiegende Anzahl der Vormundschaften und Pflegschaften wurden als Amtspflegschaften bzw. Amtsvormundschaften geführt. Es war Usus, dass ein Amtsvormund bis zu 200 Fälle gleichzeitig verwaltete. Eine persönliche und der jeweiligen Situation des Betroffenen Rechnung tragende Führung war aufgrund der Anzahl nicht möglich. Es handelte sich hier um eine anonyme Verwaltung von Menschen, und zwar für eine unbegrenzte Zeit. Die Aufhebung einer Vormundschaft war, wie im Falle der Aufhebung einer Pflegschaft nur durch ein entsprechendes Verfahren möglich.

Die gerichtliche Zuständigkeit für das Verfahren war ebenfalls nicht praxisnah geregelt. Für den Antrag war die Staatsanwaltschaft zuständig. Die Einrichtung der Vormundschaft regelte das Zivilgericht und die Bestallung des Vormundes geschah durch einen Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichtes.

Am 01.01.1992 trat das neue Betreuungsrecht in Kraft. Geregelt ist das materielle Recht im Wesentlichen in den §§ 1896 bis 1908 BGB (4. Buch des BGB, Titel 2, rechtliche Betreuung) und im Betreuungsrecht (Verweise des § 1908i BGB). Das entsprechende Verfahrensrecht ist im Wesentlichen in den §§ 271 – 341 des seit dem 01.09.2009 gültigen Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamfG) zu finden.

Das Betreuungsrecht gilt für Deutsche und Ausländer innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.

Zuständig für das Betreuungsverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Betroffene sich gewöhnlich aufhält. Für Deutsche im Ausland gilt das Betreuungsrecht nur, wenn der Betreuer im Inland tätig ist. Zuständig für diese Verfahren ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg.

Die Bestellungsurkunde kann im Ausland akzeptiert werden, es besteht aber keine Verpflichtung. Die rechtliche Vertretung eines Betroffenen im Ausland oder in einer Botschaft in der BRD muss also nicht akzeptiert werden. Am 15.12.2006 verabschiedete der Bundestag zwei Gesetzte, die im Rahmen des Haager Erwachsenenschutzübereinkommens den Schutz von Menschen bei grenzüberschreitenden Betreuungsverfahren verbessern sollen. Das Ziel besteht in der gegenseitigen Anerkennung von Betreuungsverfahren und klärt die Zuständigkeit der Gerichte. Demnach ist das Gericht des EU-Staates bzw. Aufenthaltsortes zuständig, in dem der betroffene EU-Bürger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es kommt auch das Betreuungsgesetz des jeweiligen Staates zur Anwendung (vgl. www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Haager_Übereinkommen).

Die Einrichtung einer Betreuung hat im Gegensatz zum alten Vormundschaftsrecht keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. Der Betroffene kann heiraten (Ausnahme: § 1304 BGB) und sein Wahlrecht gem. Art. 38 II GG ausüben.

Verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung sind im Wesentlichen folgende:

Dem Betreuungsgericht muss ein Sachverständigengutachten oder ein ärztliches Zeugnis vorliegen.

Ggf. ist ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Die Aufgabe des Pflegers liegt in der Kontrolle des Gerichts und in der Anfertigung von Stellungnahmen zum Verfahren. Er soll Mittler zwischen dem Gericht und dem Betroffenen sein und eventuell zur Beschlussfindung recherchieren. Die Aufgabe des Pflegers ist mit dem Zugang des entsprechenden Beschlusses beendet, es sei denn, er will Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen.

Die Betreuungsbehörde hat die Gelegenheit zur Äußerung im Verfahren und ist zur Erstellung eines Sozialberichtes verpflichtet. Kann sie dieser Aufgabe nicht nachkommen, kann der Verfahrenspfleger die Erstellung übernehmen.

Der Betroffene ist in einem Erstgespräch und einem Schlussgespräch persönlich anzuhören. Das Gericht hat sich einen persönlichen Eindruck und dem Betroffenen rechtliches Gehör zu verschaffen.

Der Betroffene ist grundsätzlich verfahrensfähig. Beschwerdeberechtigt sind neben dem Betroffenen der Betreuer im eigenen oder im Namen des Betreuten, der Verfahrenspfleger, die Betreuungsstelle und die im § 274 FamfG genannten Personen. Es gibt im Grunde keine Beschwerdefrist.

Im Gegensatz zur unbegrenzten Verfahrensdauer im alten Vormundschaftsrecht sind Betreuungsverfahren immer zeitlich begrenzt. Dieses gilt auch für Unterbringungen z.B. in geschlossenen Einrichtungen.

Die materiellen Voraussetzungen der Betreuerbestellung sind ebenfalls recht umfassend.

Der Betroffene muss volljährig, also mindestens 18 Jahre alt sein. Eine vorsorgliche Betreuerbestellung ist möglich, die Wirksamkeit beginnt aber erst mit der Volljährigkeit (§ 1908a BGB)

Es muss eine psychische Erkrankung bzw. eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegen.

Der Betroffene kann seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen. Er ist also entweder zeitweise nicht in der Lage, seine Angelegenheiten zu besorgen (z.B. bei akuten Psychosen oder reaktiven Depressionen), oder dauerhaft in der Lage, nur einen Teil der Angelegenheiten zu regeln z.B. bei Blindheit oder Gehörlosigkeit (§1896 BGB). Der Verlust der Fähigkeit, dauerhaft nichts mehr selbst regeln zu können tritt i.d.R. erst bei älteren Mitbürgern ein.

Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Betreuungsänderungsgesetzes im Jahre 1999 dem § 1901 I BGB das Wort „rechtlich“ hinzugefügt hat. Es muss sich also um „rechtliche“ Angelegenheiten handeln, die der Betroffene nicht selbst regeln kann. Der Betreuer wird rechtswahrend für den Betreuten tätig. Außerhalb dieses Bereiches ist der Betroffene uneingeschränkt eigenständig und eigenverantwortlich.

Ein Antrag kann nur vom Betroffenen gestellt werden. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer Betreuung nur von Amts wegen möglich. Alle anderen Personen und Institutionen können eine Betreuung nur anregen.

Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 II, 1 BGB).

Die Betreuung muss ein geeignetes Mittel sein, um dem Betroffenen zu helfen.

Die Verhältnismäßigkeit muss festgestellt werden.

Das Fürsorgebedürfnis (hergeleitet aus dem Wächteramt des Staates) muss geprüft werden.

Die Subsidiarität ist zu prüfen (§ 1896 II 2 BGB). Wenn der Betroffene vor der Notwendigkeit einer Betreuungseinrichtung eine gültige Vollmacht erteilt hat, darf für die in der Vollmacht aufgeführten Aufgabenkreise kein Betreuer bestellt werden, allenfalls kann ein Kontrollbetreuer bestellt werden (Sperrwirkung der Vollmacht).

Auch ist zu prüfen, ob sonstige Hilfen vorhanden sind, welche die Einrichtung einer Betreuung unnötig machen oder einschränken können.

Die Bestellung eines Betreuers ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die Sie etwas ausführlicher oben im Kapitel „Die Betreuung – Einführung in das Gesetz“ nachlesen können. Nachfolgend finden Sie noch einmal die wichtigsten mit einigen zusätzlichen Erläuterungen versehenen Informationen, die Sie bei der Übernahme einer rechtlichen Betreuung beachten sollten.

Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer ( § 1896 Abs. 1, Satz 1 BGB). Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen (§ 1896 Abs. 1, Satz 2 BGB).

Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann (§ 1896 Abs. 1, Satz 3 BGB). Einen Antrag kann also nur der Betroffene selbst stellen. Es ist unerheblich, ob er geschäftsfähig ist oder nicht. Alle andern Personen (Verwandte, Bekannte, Nachbarn etc.) können eine Betreuung lediglich anregen.

Die Bestellung eines Betreuers ist muss darüber hinaus erforderlich sein (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB). Eine Erforderlichkeit besteht nicht, wenn die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten (vgl. Vorsorgevollmacht) besorgt werden können. Eine Betreuung ist auch nicht erforderlich, wenn Hilfen gegeben werden können, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird und wenn diese Hilfen ebenso gut sind, wie die Hilfen durch eine bestellte Person (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB).

Wenn eine hilfsbedürftige Person z.B. durch die Familie, Freunde oder andere Personen genügend Unterstützung und Begleitung z.B. bei Behördengängen oder Arztbesuchen hat und diese Hilfen auch nutzt, ist die Einrichtung einer Betreuung nicht notwendig.

Bei der Auswahl des Betreuers hat der Betreute ein Vorschlagsrecht. Diesem Wunsch ist zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Betreuten nicht zuwiderläuft. Der Betreute hat auch das Recht, eine bestimmte Person abzulehnen. Dieser Wunsch wird i.d.R. berücksichtigt. Falls der Betreute keinen Vorschlag unterbreitet, ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Betreuten, insbesondere auf die Bindung zu den Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner Rücksicht zu nehmen (vgl. § 1897 Abs. 5 BGB).

Es gibt allerdings zwei Ausnahmen:
Wer zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Volljährige untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht, darf nicht zum Betreuer bestellt werden (§ 1897 Abs. 3 BGB). Dieses Gesetz ist sehr sinnvoll. Hier wird ausgeschlossen, dass z.B. Heimbewohner nicht vom Heimpersonal rechtlich vertreten werden und somit nicht für die Zwecke des Heimträgers ausgenutzt oder missbraucht werden können und in diesen (zumindest denkbaren) Fällen wehr- und schutzlos wären. Durch einen unabhängigen Betreuer ist in diesen Fällen eine Aufsicht und Kontrolle gewährleistet. Die zweite Ausnahme besteht bei der Gefahr von Interessenskonflikten. Diese Konflikte können sehr vielgestaltig sein. Es kann z. B. zu heftigen Konflikten mit den Geschwistern bei der Übernahme der Betreuung eines Elternteils kommen, weil der vorgeschlagene Betreuer nach der Bestellung das Vermögen des Elternteils oder beider Eltern zu verwalten hat und die Verwandten ihr Erbe in Gefahr sehen. Weitreichende Entscheidungen im Rahmen der Gesundheitsfürsorge wie OP-Genehmigungen oder Entscheidungen im Rahmen der medizinischen Behandlung schwerkranker Betreuter sind ggf. zu treffen und gegenüber der Verwandtschaft bzw. den Angehörigen des Betreuten zu rechtfertigen. Eine dringend notwendige Verlegung in ein Seniorenheim wird nicht durchgeführt, weil in diesem Falle das Vermögen der betreuten Person zur Deckung der Heimkosten eingesetzt werden muss etc. In diesen Fällen kann der mögliche Betreuer die Übernahme des Amtes ablehnen. Auch der Betreuungsrichter kann von einer Bestellung absehen, wenn er Interessenskonflikte befürchtet, obwohl der potentielle Betreuer sich bereiterklärt hat, das Amt zu übernehmen.

Wenn Sie eine Betreuung übernehmen, sollte Ihre Vertretung gerichtlich geregelt werden, da Ihr Betreuter im Falle Ihrer Verhinderung (z.B. durch eine Erkrankung) oder Abwesenheit (z. B. im Urlaub) ohne einen „Ersatzbetreuer“ keine rechtliche Vertretung hat. Eine Vertretung ist nicht vorgeschrieben und nicht unbedingt erforderlich, in vielen Fällen aber sinnvoll, um Sie ggf. zu entlasten und Ihrem Betreuten umfassenden Schutz zu bieten.

Falls Sie eine Vertretung wünschen und Ihnen keine geeignete Person zur Verfügung steht, wenden Sie sich bitte an Ihren örtlichen Betreuungsverein. Dort besteht die Möglichkeit zu einer entsprechenden kostenlosen Beratung und Vermittlung. Selbstverständlich stehen Ihnen auch die Rechtspfleger und Richter Ihres örtlichen Betreuungsgerichts für weitere Auskünfte zur Verfügung.

Die privatrechtliche Bevollmächtigung eines Vertreters durch den Betreuer ist haftungsrechtlich problematisch und zum Teil nicht wirksam. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie durch die Rechtspfleger Ihres Betreuungsgerichts oder Ihren Rechtsanwalt.

Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2, Satz 1 BGB). Bereiche, in denen der Betroffene seine Angelegenheiten eigenständig erledigen kann, dürfen dem Betreuer nicht übertragen werden. Festgelegt werden die Aufgaben des Betreuers im betreuungsgerichtlichen Verfahren durch den Richter. Der Richter spricht persönlich mit dem Betroffenen und kann bei der Festlegung der Aufgabenkreise dessen Wünsche und Situation berücksichtigen. Als weitere Entscheidungshilfe berücksichtigt das Gericht i. d. R. ein von einem Facharzt erstelltes Gutachten zur Notwendigkeit und zum Umfang der Betreuung sowie Sozialberichte der örtlichen Betreuungsstelle oder eines Verfahrenspflegers. Angehörige und Vertrauenspersonen können ebenfalls gehört werden.

Die Aufgabenkreise werden vom Gericht individuell formuliert. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Regelung. An dieser Stelle möchten wir hier einige Aufgaben vorstellen, die von den Gerichten in dieser oder ähnlicher Form beschlossen werden. Bitte beachten Sie, dass Sie hier keine vollständige Aufstellung der Berechtigungen innerhalb der dargestellten Aufgabenkreise vorfinden, sondern nur einen Ausschnitt.

Sämtliche Vermögensangelegenheiten
Der Betreuer hat die Berechtigung zur Regelung sämtlicher Vermögensangelegenheiten. Diese Angelegenheiten umfassen u. a. die Kontoführung, Verwaltung von Bankguthaben und Vermögen aus Versicherungsverträgen, den Verkauf von Immobilien (mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung), Stellung von Sozialleistungsanträgen, Geltendmachung von öffentlichen Leistungen, die Begleichung von Rechnungen und Forderungen und die Auszahlung von Taschengeld. Die Aufzählung der Aufgaben könnte beliebig erweitert werden.

Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung im Rahmen der Gesundheitsfürsorge
Der Aufgabenkreis umfasst folgende Pflichten und Berechtigungen: Der Betreuer hat die Pflicht und Berechtigung zur

Entscheidung über alle Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge.
Entscheidung über Einzelheiten bei einer ambulanten oder (teil-) stationären Pflege
Durchsetzung des in der Patientenverfügung festgelegten Willens.
Einwilligung in sämtliche Maßnahmen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes.
Einwilligung in Heilbehandlungen, auch wenn diese mit Lebensgefahr verbunden sein können oder ein schwerer oder länger dauernder gesundheitlicher Schaden eintreten könnte. Wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren oder länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, ist gem. § 1904 I BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen.
Einwilligung zum Unterlassen oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen.
Einsicht in Krankenunterlagen und Bewilligung der Herausgabe an Dritte.
Entbindung der behandelnden Ärzte und von nichtärztlichem Personal von der Schweigepflicht.
Entscheidung über die Unterbringung mit freiheitsentziehender Wirkung gem. § 1906 I BGB und über freiheitsentziehende Maßnahmen (Bettgitter, Medikamente u.ä.) in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung gem. § 1906 IV BGB. Das Gesetz schreibt vor, dass eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist.
Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten
Der Betreuer hat die Berechtigung zur

Entscheidung über die Anmietung einer Wohnung. Hierzu ist ggf. die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich (§ 1907 Abs. 3 BGB).
Entscheidung über Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag.
Entscheidung über die Kündigung der Wohnung und zur Haushaltsauflösung. Hierzu ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich ((§ 1907 Abs. 1 BGB).
Entscheidung über den Einzug in ein Heim und zum Abschluss eines Heimvertrages.
Vertretung bei Behörden, Gerichten, sonstigen öffentlichen Institutionen
Der Betreuer hat die Berechtigung zur

Vertretung bei Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie anderen öffentlichen Institutionen.
Vertretung bei Gerichten in zivilen und strafrechtlichen Angelegenheiten und Vornahme von Prozesshandlungen aller Art.
Bevollmächtigung von Anwälten oder sonstigen fachlich geeigneten Personen, falls die Notwendigkeit einer fachlichen Hilfestellung besteht.
Post- und Fernmeldeverkehr
Der Betreuer hat die Berechtigung zur

Entscheidung über den Fernmeldeverkehr und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post sowie allen damit zusammenhängenden Willenserklärungen wie Vertragsabschlüsse, Kündigungen etc.
In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB).

Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (…..) rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs.1 BGB).
Dieser Satz bedeutet, dass der Betreuer ermächtigt und verpflichtet ist, für den Betreuten im Rahmen des festgelegten Aufgabenkreises rechtswahrend tätig zu werden. Es muss sich also um „rechtliche“ Angelegenheiten handeln, die der Betroffene nicht selbst regeln kann. Vor dieser im Jahre 1999 eingeführten Einschränkung konnte der Betreuer auch im psychosozialen Bereich tätig werden und den Betreuten umfangreich unterstützen. Das Tätigkeitsfeld umfasst somit nicht mehr den Einkauf, das Wäschewaschen, die regelmäßige Fahrt zum Arzt, die Pflege des Betroffenen oder die Wohnungsreinigung. Vor der Gesetzesänderung waren diese Tätigkeiten noch möglich. Nun hat der Betreuer diese Angelegenheiten lediglich zu organisieren, wenn der Betreute sie nicht eigenständig regeln kann.

Alle Tätigkeiten außerhalb der Aufgabenkreise oder die psychosoziale Unterstützung des Betroffenen sind keine Tätigkeiten im Sinne des Betreuungsgesetztes und nicht durch die Haftpflichtversicherung des Betreuers gedeckt.

Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte für sich rechtswirksam vorzunehmen und die Folgen der rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu verstehen. Hierzu muss ein Mindestmaß an Urteilsvermögen und Einsichtsfähigkeit vorhanden sein.

Geschäftsunfähig ist: 1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, 2. wer sich in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 BGB).

Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt (§ 106 BGB).

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein (§ 2 BGB). Mit dem Eintritt der Volljährigkeit beginnt die volle Geschäftsfähigkeit (Ausnahme: § 104 Nr. 2 BGB). Eine beschränkte Geschäftsfähigkeit (vgl. § 106 BGB) sieht das Gesetz für Volljährige nicht vor.

Die Einrichtung einer Betreuung hat im Gegensatz zum alten, mit der Einführung des Betreuungsrechts am 01.01.1992 abgeschafften Vormundschaftsrecht keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. Der Betroffene kann heiraten (Ausnahme: § 1304 BGB) und sein Wahlrecht gem. Art. 38 II GG ausüben. Der Betreute ist nicht automatisch geschäftsunfähig. Eine Betreuung kann sowohl für den geschäftsfähigen, als auch für den geschäftsunfähigen Volljährigen eingerichtet werden.

Ein geschäftsfähiger Betreuter hat also die gleichen Rechte und Pflichten wie ein volljähriger, nicht unter Betreuung stehender Bürger und kann völlig eigenständig handeln, Anträge bei Behörden stellen und rechtswirksam Geschäfte abschließen. Der Betreuer handelt ausschließlich innerhalb seines Aufgabenkreises lediglich als Vertreter des Betreuten.

Diese Tatsache bedeutet nicht, dass der Betreuer dem Betreuten z. B. die Pflicht, bestimmte Anträge bei Behörden zu stellen, ohne Unterstützung überlassen kann! Bitte bedenken Sie immer, dass Sie für bestimmte Aufgaben bestellt wurden, weil Ihr Betreuter in diesem Bereich Hilfen benötigt. Wenn Sie Ihrem Betreuten die Erledigung bestimmter Aufgaben innerhalb des vom Gericht festgelegten Aufgabenkreises selbst überlassen, sollten Sie die Durchführung in angemessener Zeit kontrollieren. Wird z. B. bei der Stellung eines Antrages auf Sozialleistungen eine bestimmte Frist versäumt oder die Stellung des Antrages unterlassen, haften Sie ggf. für den daraus entstehenden Vermögensschaden des Betreuten. Ob Ihr Betreuter geschäftsfähig ist oder nicht, ist hier unerheblich!!! (vgl: „Eigenhaftung des Betreuers“)

Wie oben schon erwähnt, dürfen Sie nur innerhalb Ihres Aufgabenkreises als Vertreter des Betreuten handeln. Die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen spielt hier keine Rolle. Außerhalb des Aufgabenkreises kann der geschäftsfähige und auch der geschäftsunfähige Betreute völlig eigenständig handeln. Sollte es sich herausstellen, dass Ihr Betreuter unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit auch in Bereichen außerhalb Ihres Aufgabenkreises Hilfen benötigt, sind Sie verpflichtet, dieses dem Gericht mitzuteilen. Diese Pflicht gilt selbstverständlich auch für die Mitteilung über mögliche Einschränkungen der Aufgaben oder die Aufhebung der Betreuung (vgl. § 1901 Abs. 5 BGB). Innerhalb des Aufgabenkreises kann Ihr geschäftsunfähiger Betreuter allerdings nur rechtsgültige Entscheidungen treffen, wenn er lediglich zu seinem rechtlichen Vorteil gehandelt hat. Alle anderen Willenserklärungen des geschäftsunfähigen sind im Gegensatz zu denen des geschäftsfähigen Betreuten ohne Ihr Einverständnis nichtig.

Eine sich über alle Lebensbereiche erstreckende Geschäftsunfähigkeit ist i.d.R. nur bei erheblich geistig behinderten oder altersverwirrten Menschen vorhanden. (In diesen Fällen wird der Aufgabenkreis vom Gericht entsprechend umfangreich beschlossen.) Häufig ist nur eine partielle Geschäftsunfähigkeit vorhanden, wenn sich der Ausschluss der freien Bestimmung des eigenen Willens lediglich auf bestimmte Lebensbereiche wie etwa die Verwaltung des eigenen Vermögens bezieht. In allen anderen Lebensbereichen besteht die volle Geschäftsfähigkeit.

Sie sollten in Ihrer Eigenschaft als Betreuer ausreichend über die Bereiche informiert sein, in denen bei Ihrem Betreuten eine Geschäftsunfähigkeit vorliegt bzw. in welchen Bereichen die volle Geschäftsfähigkeit vorhanden ist. Diese Informationen werden wichtig, wenn Ihr Betreuter etwa ein für ihn nachteiliges Geschäft abgeschlossen oder Schulden gemacht hat. Sie haben in einem eventuellen Rechtsstreit nämlich zu beweisen, dass bei Ihrem Betreuten zum Zeitpunkt des Geschäftes eine Geschäftsunfähigkeit vorlag. Können Sie diesen Beweis nicht erbringen, ist das für Ihren Betreuten nachteilige Geschäft gültig.

Festgestellt wird die Geschäftsfähigkeit eines Volljährigen nicht durch das Gericht, sondern nur durch ein fachärztliches Gutachten. Ein entsprechendes Gutachten wird in den meisten Fällen zu Beginn der Betreuung erstellt und beinhaltet die benötigten Informationen. Da die Vorlage des Fachgutachtens bei rechtlichen Auseinandersetzungen auf Grund des sehr persönlichen Inhalts aus datenschutzrechtlichen Gründen i.d.R. nicht ratsam ist, besteht die Möglichkeit, den Gutachter zu bitten, eine „neutrale“ Bescheinigung mit der Angabe über den Bereich und die Dauer der Geschäftsunfähigkeit auszustellen.

Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen eines Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt) (§ 1903 Abs.1 Satz 1 BGB). Dieses gilt sowohl für geschäftsfähige, als auch für geschäftsunfähige Betreute und hat den Sinn, den Betreuten innerhalb der Bereiche, für die der Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, zu schützen. Eine Willenserklärung bzw. ein Geschäft in diesem Bereich ist nämlich ohne das Einverständnis des Betreuers nichtig. Allerdings gelten hier einige Einschränkungen. Willenserklärungen und Geschäfte des geschäftsfähigen Betreuten sind innerhalb der durch die §§ 108 bis 113 BGB gesetzten Grenzen nicht zustimmungspflichtig. Der geschäftsfähige Betreute kann also in einem mit einem Einwilligungsvorbehalt versehenen Bereich handeln wie ein beschränkt geschäftsfähiger Jugendlicher. Der Einwilligungsvorbehalt kann nur angeordnet werden, wenn der Betroffene dazu neigt, sich erheblich zu schädigen. Das Betreuungsgericht hat hierzu ein Fachgutachten einzuholen.

Die Betreuung beginnt mit dem Tag der Bestellung. Die Verantwortung des Betreuers beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme oder im Falle seiner Abwesenheit mit der rechtswirksamen Zustellung des entsprechenden Beschlusses. Die Betreuung endet automatisch mit dem Tod des Betreuten bzw. Betreuers oder im Falle einer einstweiligen Anordnung der Betreuung mit dem Ende des vom Betreuungsgericht angeordneten Zeitraumes. In allen anderen Fällen endet die Betreuung nur durch einen Beschluss des zuständigen Gerichts. Diese Gegebenheit ist zu beachten. Eine Betreuung wird zwar zeitlich befristet beschlossen und nach einem vom Betreuungsgericht zu bestimmenden Zeitraum, spätestens nach sieben Jahren überprüft. Der im Betreuungsbeschluss vorgegebene Zeitraum sagt aber nicht zwingend etwas über die tatsächliche Dauer des Betreuungszeitraumes aus. Es ist etwa im Falle der Überlastung des zuständigen Gerichts möglich, dass zum festgesetzten Überprüfungszeitraum noch keine Überprüfung der Notwendigkeit einer eventuellen Weiterführung der Betreuung stattgefunden hat. In diesem Falle endet die Betreuung nicht automatisch. Sie bleiben auf Grund des vorliegenden Beschlusses bestellt und verantwortlich, bis die Überprüfung beendet ist und ein neuer Beschluss vorliegt. Diese Regelung ist zwar etwas verwirrend, hat aber einen wichtigen Grund. Im Falle des nicht fristgerechten Handelns des Gerichts wird Ihr Betreuter nicht schutzlos. Sie bleiben weiterhin zuständig. Manchmal ist es ratsam, einen Betreuerwechsel vorzunehmen. Falls Sie oder Ihr Betreuter einen Wechsel wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihr Betreuungsgericht. Selbstverständlich können Sie sich auch durch einen Betreuungsverein in Ihrer Nähe beraten lassen.

Grundsätzlich benötigt der Betreuer in der Ausübung seines Amtes keine Genehmigungen durch das Betreuungsgericht. Es gibt aber Ausnahmen, die Sie unbedingt beachten sollten. Es handelt sich hier um Genehmigungen zu einigen Handlungen, die für den Betreuten erhebliche Konsequenzen haben können. Die Genehmigungspflicht dient zum Schutz des Betreuten vor möglichen nicht sachgerechten Entscheidungen und zu Ihrem Schutz. Sie müssen einige Entscheidungen nicht allein treffen und können im Falle des Falles darauf hinweisen, dass Ihre Entscheidung gerichtlich genehmigt wurde. Bitte bedenken Sie, dass genehmigungspflichtige Rechtshandlungen bis zur Genehmigung durch das Gericht grundsätzlich schwebend unwirksam sind (vgl. §§ 1829 – 1831 und § 1833 BGB). Nachfolgend sind einige genehmigungspflichtige Rechtshandlungen aufgeführt. Die entsprechenden Gesetzestexte finden Sie im Bürgerlichen Gesetzbuch.
Diese Liste ist nicht vollständig. Die hier aufgeführten §§ 1803 – 1824 finden Sie nicht im Betreuungsrecht, sondern im Vormundschaftsrecht für Minderjährige. Diese Vorschriften gelten auch für das Betreuungsrecht (vgl. § 1908 i BGB). Weitere Auskünfte zur Genehmigungspflicht erteilen Ihnen die Rechtspfleger Ihres Betreuungsgerichts.

§ 1803 Abs. 2 BGB: Abweichen von einer Anordnung gem. §1803 Abs. 1 BGB im Rahmen der Vermögensverwaltung bei einer Erbschaft oder Schenkung.
§ 1804 BGB: Schenkungen des Vormunds.
§ 1811 BGB: Abweichen von den Vorschriften zur Geldanlage gem. § 1807 BGB.
§§ 1816 – 1819 BGB: Genehmigungen zur Verfügung über bestimmte Vermögensanlagen.
§ 1820 BGB: Genehmigung nach Umschreibungen und Umwandlungen bestimmter Vermögensanlagen.
§ 1821 BGB: Genehmigung für Geschäfte über Grundstücke, Schiffe oder Schiffsbauwerke.
§ 1822 BGB: Genehmigung zu Rechtsgeschäften im Zusammenhang mit dem gesamten Vermögen des Betreuten, Erbschaftsangelegenheiten, Vermächtnissen, Erwerbsgeschäften, bestimmten Miet- und Pachtverträgen, bestimmten Lehr- und Arbeitsverträgen, Kreditaufnahmen, Ausstellung von Schuldverschreibungen, Übernahmen fremder Verbindlichkeiten, Erteilung einer Prokura, bestimmten Vergleichen oder Schiedsverträgen und Aufhebung von Sicherheiten.
§ 1823 BGB: Genehmigung bei einem Erwerbsgeschäft des Betreuten.
§ 1824 BGB: Genehmigung für die Überlassung von Gegenständen an den Betreuten.
§ 1904 BGB: Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen.
§ 1905 BGB: Genehmigung zur Sterilisation des Betreuten.
§ 1906 BGB: Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung des Betreuten, die mit Freiheitsentzug verbunden ist.
§ 1907 BGB: Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Aufgabe der Mietwohnung.
§ 1908 BGB: Genehmigung des Betreuungsgerichts bei einer Ausstattung aus dem Vermögen des Betreuten.

Das Betreuungsgericht hat die Pflicht, die Tätigkeit des Betreuers zu beaufsichtigen und den Betreuer zu beraten. Der Betreuer ist verpflichtet, dem Betreuungsgericht auf Verlangen Auskunft über seine Tätigkeit zu erteilen. Dieses geschieht mindestens einmal im Jahr durch einen Bericht und eine Rechnungslegung. Der Betreuer hat über seine Vermögensverwaltung Rechenschaft abzulegen. Die Rechnung soll eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, mit Belegen versehen sein. Die entsprechenden rechtlichen Bestimmungen finden Sie in den §§ 1837 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Unter bestimmten Bedingungen (Betreuung eines nahen Verwandten, der Betreute verwaltet sein Vermögen eigenständig) können Sie von der Rechnungslegung befreit werden. Die Rechtspfleger Ihres Vormundschaftsgericht erteilen Ihnen hierzu weitere Auskünfte. Die Praxis hat gezeigt, dass eine Buchführung trotz einer vom Gericht erteilten Befreiung in manchen Fällen dringend anzuraten ist. Streitigkeiten mit Angehörigen und Erben über die „Amtsführung“ des Betreuers sind möglich. Ein Beleg über Ihre Amtsführung könnte in diesen Fällen sinnvoll sein.

Der Aufwendungsersatz und die Aufwandsentschädigung sind in den §§ 1835 und 1835a BGB geregelt. Der ehrenamtliche Betreuer erhält auf Antrag am Ende eines Jahres (maßgeblich ist hier der Beginn der Betreuung und nicht das Kalenderjahr) für jede Betreuung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 323 €. Es ist auch möglich, die Aufwendungen einzeln abzurechnen. In diesem Falle müssen alle Aufwendungen aber nachgewiesen werden. Näheres hierzu erfahren Sie im Betreuerlexikon http://wiki.btprax.de bei Wikipedia. Bitte beachten Sie die Verjährungsfristen. Wenn Sie Ihren Antrag später als 15 Monate nach dem Entstehen des Aufwands stellen, verfällt Ihr Anspruch. Die Aufwandsentschädigung wird bei Betreuern, die Harz IV-Leistungen oder Leistungen aus der Grundsicherung beziehen nach unseren Informationen nicht angerechnet. Näheres hierzu erfahren Sie hier. Gerichtskosten und die Kosten für Ihren Aufwand trägt der Staat, wenn Ihr Betreuter nicht über ein genügend hohes Einkommen oder Vermögen verfügt. Ist genügend Vermögen vorhanden, sind die die Gerichtskosten und die Entschädigung dem Vermögen zu entnehmen. Weitere Auskünfte hierzu erhalten Sie durch die Rechtspfleger Ihres Betreuungsgerichts.

Nach der grundlegenden Reform des seit dem 01.01.1992 gültigen Betreuungsrechts wurden bald einige Schwächen dieser Reform sichtbar, die durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (1. BtÄndG) behoben werden sollten. Aufgrund des Umfanges werden hier nur die wichtigsten Änderungen erwähnt.

In Pflegeeinrichtungen wurde das Pflegepersonal gelegentlich durch den betroffenen Bewohner durch eine Vollmacht in die Lage versetzt, Einfluss auf die rechtlichen Angelegenheiten des Bewohners zu nehmen. Um einem möglichen Missbrauch dieser Praxis Einhalt zu gebieten, wurde der § 1896 II 2 BGB geändert. Eine Vollmacht ist seither nur dann gültig, wenn die bevollmächtigte Person nicht zu den im § 1897 III BGB bezeichneten Personen gehört, also nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu der Einrichtung steht, in welcher der Betroffene untergebracht ist.

Auf Grund der erheblichen Kostensteigerungen seit der Einführung des Gesetzes im Jahre 1992 wurden einige weitere Änderungen vorgenommen, um die mit der in diesem Zeitraum um ca. 100 % gestiegenen Anzahl der Betreuten einhergehende Kostenexplosion deutlich zu verringern.

Die Förderung der Vorsorgevollmachten und die damit verbundene Pflicht der Betreuungsvereine zur Information über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen wurde eingeführt (vgl. § 1908f I Nr. 2a BGB).
Das Verbot der Bestellung eines Betreuers im Falle der Existenz einer Vollmacht und einer geeigneten bevollmächtigten Person (§ 1896 II S. 2 BGB) und die vorrangige Bestellung eines ehrenamtlichen Betreuers vor der Bestellung eines Berufsbetreuers (§ 1897 VI BGB) sollte zur Kostensenkung beitragen.
Wie oben schon erwähnt, wurde im § 1901 I BGB das Wort „rechtlich“ eingefügt, um den Aufgabenkreis einzuschränken. Vor dieser Einschränkung konnte der Betreuer auch im psychosozialen Bereich tätig werden und den Klienten umfangreich unterstützen. Seit dieser Änderung sind nur noch rechtswahrende Tätigkeiten erlaubt.
Der Aufwendungsersatz und die Vergütung für berufsmäßig geführte Betreuungen wurde vereinfacht, vereinheitlicht und an die formale Qualifikation des Betreuers gebunden (vgl. § 1835 und § 1836 BGB). Hier kam es nach der Einführung des Gesetzes im Jahre 1992 zu erheblichen Schwierigkeiten. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine große Anfrage einiger Abgeordneten (Bt.-Drs. 13/7133 vom 05.03.1997) heißt es: „Zudem führen unklare gesetzliche Vorschriften über Entschädigung und Vergütung zu einer Vielzahl streitiger Rechtsfragen und einer uneinheitlichen Rechtssprechung, die wegen der Besonderheiten des einschlägigen Verfahrensrechts (FGG) durch höchstrichterliche Rechtssprechung nicht geklärt werden können.“ Eine klärende Regelung war dringend notwendig. Viele Betreuungsvereine mussten im Rahmen dieser Regelung allerdings eine deutliche Kürzung der Vergütung hinnehmen.

Die Erwartungen in das zum 01.01.1992 und zum 01.01.1999 geänderte Betreuungsgesetz haben sich nach Meinung des Gesetzgebers nicht vollständig erfüllt. Die Fallzahlen stiegen erheblich. Vor dem 01.01.1992 wurden in den alten Bundesländern ca. 450 000 Erwachsenenvormundschaften und -pflegschaften geführt. Am 31.12.2002 gab es in der gesamten Bundesrepublik deutlich mehr als eine Millionen Betreuerbestellungen, die zu einem erheblichen Teil (Zahlen liegen nicht vor) von Berufsbetreuern bzw. hauptberuflich tätigen Vereinsbetreuern geführt wurden.

Die rechtliche Betreuung wurde also trotz der Einführung des 1. BtÄndG schlicht und einfach zu teuer.

Nach Meinung der Justizminister der Länder kann diese Entwicklung nicht allein durch die demographischen Veränderungen und das Zerbrechen von Familienstrukturen erklärt werden. Vielmehr widersprechen die Bestellungen nach Ansicht der Politiker dem Erforderlichkeitsprinzip, d.h. die Vormundschaftsrichter folgten nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers und richteten zu viele Betreuungen ein. Dieses geht aus dem Entwurf des 2. BtÄndG klar hervor.

Am 01.04.1998 verabschiedete der Bundestag folgende Entschließung (BT-Drs. 13/10331, S. 4): „Die Erwartungen, die der Gesetzgeber mit dem am 01. Januar 1992 in Kraft getretenen Betreuungsrecht verbunden hat, haben sich nicht in allen Punkten erfüllt, insbesondere gilt dies für die Hoffnung, es würden sich genügend ehrenamtliche Betreuer auch im außerfamiliären Bereich finden. Im Lichte veränderter demographischer und finanzpolitischer Rahmenbedingungen sind zudem strukturelle Nachteile des Betreuungsrechts erkennbar geworden, denen mittelfristig durch strukturelle Änderungen begegnet werden muss.

Der Bundestag beschloss am 18.02.2005 das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz also vor allem, um die Kosten drastisch zu senken. Der entsprechende Beschluss des Bundesrates erfolgte am 18.03.2005.

Folgende wichtige Änderungen wurden u. a. beschlossen:

  • § 1896 BGB Voraussetzungen. Der Absatz Ia wurde eingefügt: „Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.“ Die Rechte der Bürger zur Selbstbestimmung wurden hiermit gestärkt. Die Möglichkeiten zur Bestellung eines Betreuers wurden hiermit allerdings eingeschränkt.
  • § 1899 BGB Mehrere Betreuer. Der Absatz I wurde durch den Satz „ Mehrere Betreuer, die eine Vergütung erhalten, werden außer in den in Absatz II und IV sowie § 1908i I 1 BGB in Verbindung mit § 1792 BGB geregelten Fällen nicht bestellt.“ Diese Änderung hat zukünftig erhebliche Nachteile für die Betroffenen. Vor der Änderung war es möglich, in schwierigen Fällen mehrere auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisierte Berufsbetreuer nebeneinander zu bestellen um den Betroffenen optimal unterstützen zu können (z. B. einen Betreuer zur Gesundheitsfürsorge für den psychisch kranken Klienten und einen Betreuer für die Wahrnehmung der Rechte im Rahmen einer Insolvenz der Firma des psychisch kranken Betroffenen).
  • § 1908f BGB Anerkennung als Betreuungsverein. Der Absatz I Nr. 2 wurde um die Pflicht zur Beratung Bevollmächtigter ergänzt, um die Motivation zur Erstellung von Vorsorgevollmachten zu stärken. Der Absatz IV mit dem Text „Die anerkannten Betreuungsvereine können im Einzelfall Personen bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht beraten“ wurde ebenfalls zugefügt, um zur Kostensenkung und zur Förderung der Vollmachten beizutragen. Diese Änderung hat allerdings auch den Sinn, Rechtssicherheit herzustellen. Vorher war es nicht möglich, in diesem Bereich beratend tätig zu sein, da diese Beratung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieß. Eine Beratung war darüber hinaus im Zweifel von einer Information zur Vorsorgevollmacht nicht zu unterscheiden.
  • Neu eingeführt wurde das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG). Die Vergütungen werden seit dem 01. Juli 2005 pauschaliert. In der nachfolgenden Tabelle sind die Pauschalen aufgelistet. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen mittellosen und vermögenden und somit die Betreuungskosten aus eigenen Mitteln zahlenden Betreuten. Für vermögende Betreute ist die Pauschale etwas höher. Eine weitere Unterscheidung liegt in der Art der Unterkunft der Betreuten. Heimbewohner zahlen etwas weniger als Menschen, die in einer Wohnung außerhalb von Heimen leben. Die Brutto – Stundensätze liegen je nach Art der formalen Qualifikation des Betreuers bei 27 €, 33,50 € bzw. 44 €.
MonatHeim, mittellosHeim, SelbstzahlerAußerhalb, mittellosAußerhalb, Selbstz.
01 – 034,5 Stunden/Monat5,5 Stunden/Monat7,0 Stunden/Monat8,5 Stunden/Monat
04 – 063,5 Stunden/Monat4,5 Stunden/Monat5,5 Stunden/Monat7,0 Stunden/Monat
07 – 123,0 Stunden/Monat4,0 Stunden/Monat5,0 Stunden/Monat6,0 Stunden/Monat
ab 13. Monat2,0 Stunden/Monat2,5 Stunden/Monat3,5 Stunden/Monat4,5 Stunden/Monat

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Tätigkeitsfeld sich aufgrund dieses Gesetzes einschneidend geändert hat. Diese Gesetzesänderung hatte zur Folge, dass die Mitarbeiter von Betreuungsvereinen die Anzahl der geführten Betreuungen um bis zu 30% erhöhen mussten (Stand 01.07.2005), um den gleichen Verdienst wie vor der Einführung des Gesetzes zu erhalten.

Seit dem 01. Juli 2005 gab es keine Erhöhung der Brutto-Stundensätze! Neben der Inflation und der erheblichen Steigerung der Betriebskosten wurden alle Steuern und Gebühren erhöht. Der reale Einkommensverlust seit 2005 beträgt ca. 25 % (Stand 2013). Der hauptamtliche Betreuer hat auf Grund dieser Entwicklung zu wenig Zeit, um den Bedürfnissen und Wünschen des Betreuten in vielen Fällen noch gerecht zu werden. Jeder vollzeitbeschäftigte Betreuer arbeitet derzeit für mindestens 50-60 betreute Klienten, wenn er keine drastischen Kürzungen seines Einkommens hinnehmen möchte. Die Arbeitsbelastung ist also extrem hoch. Daraus folgt, dass jeder Betreuer seine Leistungen strikt auf ein Mindestmaß reduzieren muss.

In den letzten Jahren wird zunehmend deutlicher, dass sich die Tätigkeit eines hauptamtlich tätigen Betreuers der Tätigkeit eines damaligen Vormundes annähert, weil aufgrund der mit dem 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz einhergehenden Kürzungen zeitlicher und finanzieller Budgets die Qualitätsstandards nicht mehr gehalten werden können. Die Verwaltungstätigkeit tritt in den Vordergrund. Der durchschnittliche Verwaltungsaufwand für jeden betreuten Menschen stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an. Für den außerordentlich wichtigen regelmäßigen Kontakt zu den Betreuten steht immer weniger Zeit zur Verfügung.

Am 18.06.2009 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Patientenverfügung und beschloss, dem Vorschlag der Abgeordneten zu folgen, die den in der ersten Lesung vorgelegten Entwurf am 26.06.2008 (Drs. 16/8442) eingebracht hatten. Die weiteren nach der ersten Lesung eingebrachten Entwürfe (Drs. 16/11360 und 16/11493) fanden keine Mehrheit. Das Gesetz regelt die Gültigkeit der Patientenverfügungen und schreibt den behandelnden Ärzten sowie Ihrem Bevollmächtigtem oder Betreuer Regeln zur Durchsetzung Ihrer Verfügung vor. Weitere Informationen hierzu finden Sie in der Drs. 16/8442. Informationen zu den Verfügungen finden Sie auf auf unserer Seite Patientenverfügung.

Am 29. Juni 2011 wurde das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen und am 05. Juli 2011 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Neu eingefügt wurde u. a. der im nachfolgend aufgeführten Gesetzestext hervorgehobene unterstrichene Satzteil.

§ 1908b Entlassung des Betreuers

(1) Das Betreuungsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Betreuer eine erforderliche Abrechnung vorsätzlich falsch erteilt oder den erforderlichen persönlichen Kontakt zum Betreuten nicht gehalten hat. Das Gericht soll den nach § 1897 Abs. 6 bestellten Betreuer entlassen, wenn der Betreute durch eine oder mehrere andere Personen außerhalb einer Berufsausübung betreut werden kann.
(2) Der Betreuer kann seine Entlassung verlangen, wenn nach seiner Bestellung Umstände eintreten, auf Grund derer ihm die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann.
(3) Das Gericht kann den Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt.
(4) Der Vereinsbetreuer ist auch zu entlassen, wenn der Verein dies beantragt. Ist die Entlassung nicht zum Wohl des Betreuten erforderlich, so kann das Betreuungsgericht statt dessen mit Einverständnis des Betreuers aussprechen, dass dieser die Betreuung künftig als Privatperson weiterführt. Die Sätze 1 und 2 gelten für den Behördenbetreuer entsprechend.
(5) Der Verein oder die Behörde ist zu entlassen, sobald der Betreute durch eine oder mehrere natürliche Personen hinreichend betreut werden kann.
Das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde beschlossen, weil in den Jahren vor der Änderung einige grausame Missbräuche an Kindern mit Todesfolge bekannt wurden und es sich herausstellte, dass die damals zuständigen Jugendämter und Vormünder die Lebensumstände der betroffenen Kinder möglicherweise nicht engmaschig genug geprüft bzw. kontrolliert hatten. Das Gesetz schreibt nun vor, dass Mündel i. d. R. mindestens einmal im Monat persönlich besucht werden müssen.

In diesem Zusammenhang wurde auch die Einführung dieser Besuchspflicht für rechtliche Betreuer diskutiert. Die Besuchspflicht wurde nicht eingeführt, weil diese Pflicht für die Arbeit des rechtlichen Betreuers nicht notwendig und teilweise nicht zumutbar ist. Es ist beispielsweise nicht selten, dass ein Betreuter seinen Betreuer nicht regelmäßig sehen will. Häufig genügen zum Informationsaustausch zwischen dem Betreuten und dem Betreuer auch entsprechende telefonische Kontakte. Darüber hinaus wären die Kosten für die Führung einer hauptamtlichen rechtlichen Betreuung massiv gestiegen. U. a. aus diesen Gründen wurde im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für rechtliche Betreuer die oben aufgeführte Änderung beschlossen, um den erforderlichen Kontakt zum Betreuten zu gewährleisten. Die Häufigkeit der Kontakte ist vom Betreuer nach individuellem Bedarf durchzuführen und ggf. im jährlichen Bericht an das Betreuungsgericht mit einer entsprechenden Begründung anzugeben.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschloss am 20.06.2012 (BGH XII ZB 99/12, BGH XII ZB 130/12), dass es auf Grund des nicht ausreichend formulierten § 1906 BGB keine hinreichend gesetzliche Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung mehr gibt. Am 17.Juli 2012 veröffentlichte die Pressestelle des BGH die folgende Pressemitteilung (Nr. 115/12):

Keine hinreichend gesetzliche Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung

Der u.a. für das Betreuungsrecht zuständige XII. Zivilsenat hat in zwei Verfahren entschieden, dass es gegenwärtig an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung fehlt.

In beiden Verfahren begehrten die Betreuerinnen die Genehmigung einer Zwangsbehandlung der wegen einer psychischen Erkrankung unter Betreuung stehenden, einwilligungsunfähigen und geschlossen untergebrachten Betroffenen. Diese benötigen wegen ihrer Erkrankung zwar eine medikamentöse Behandlung, lehnen die Behandlung krankheitsbedingt aber ab. Die Anträge der Betreuerinnen blieben vor dem Amtsgericht und dem Landgericht erfolglos. Mit den von den Landgerichten zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgten die Betreuerinnen ihre Anträge auf betreuungsgerichtliche Genehmigung der Zwangsbehandlung weiter. Der XII. Zivilsenat hat beide Rechtsbeschwerden zurückgewiesen.

Im Rahmen des Wirkungskreises der Gesundheitsvorsorge kann einem Betreuer die Befugnis übertragen werden, an Stelle des Betroffenen in dessen ärztliche Behandlung einzuwilligen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats umfasste dies auch die Befugnis, einen der ärztlichen Maßnahme entgegenstehenden Willen des Betroffenen zu überwinden, wenn der Betroffene geschlossen untergebracht war und das Betreuungsgericht die Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB genehmigt hatte. Hieran hält der Bundesgerichtshof nicht mehr fest. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Das Bundesverfassungsgericht hatte in zwei grundlegenden Beschlüssen aus dem Jahr 2011 (BVerfG FamRZ 2011, 1128 und FamRZ 2011, 1927) entschieden, dass die Zwangsbehandlung eines im strafrechtlichen Maßregelvollzug Untergebrachten nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig ist, das die Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt. Die weitreichenden Befugnisse der Unterbringungseinrichtung und die dadurch eingeschränkten Möglichkeiten der Unterstützung und Begleitung durch Außenstehende setzten den Untergebrachten in eine Situation außerordentlicher Abhängigkeit, in der er besonderen Schutzes auch dagegen bedürfe, dass seine grundrechtlich geschützten Belange etwa aufgrund von Eigeninteressen der Einrichtung oder ihrer Mitarbeiter bei nicht aufgabengerechter Personalausstattung oder aufgrund von Betriebsroutinen unzureichend gewürdigt würden.

Diese Vorgaben sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Wesentlichen auf die Zwangsbehandlung im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung zu übertragen. Zwar ist der Betreuer im Rahmen seines Wirkungskreises grundsätzlich zur Vertretung des Betroffenen befugt. Besonders gravierende Eingriffe in die Rechte des Betroffenen bedürfen aber schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einer ausdrücklichen gerichtlichen Genehmigung; insoweit ist die sich aus den §§ 1901, 1902 BGB ergebende Rechtsmacht des Betreuers eingeschränkt. So müssen etwa besonders gefährliche ärztliche Maßnahmen nach § 1904 BGB, eine Sterilisation nach § 1905 BGB, eine geschlossene Unterbringung nach § 1906 BGB und die Aufgabe der Mietwohnung eines Betroffenen nach § 1907 BGB zuvor durch das Betreuungsgericht genehmigt werden.

Eine entsprechende gesetzliche Grundlage für die gebotene staatliche Kontrolle des Betreuerhandelns fehlt hingegen hinsichtlich einer Zwangsbehandlung des Betroffenen. Jene muss nach Auffassung des Bundesgerichtshofs inhaltlich den gleichen Anforderungen genügen, die das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des strafrechtlichen Maßregelvollzugs aufgestellt hat. Die materiellen Vorschriften des Betreuungsrechts, insbesondere § 1906 BGB als Grundlage für eine bloße Freiheitsentziehung, und die Verfahrensvorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) genügen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

§ 1901 BGB (Umfang der Betreuung, Pflichten des Betreuers)
(1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.

§ 1902 BGB (Vertretung des Betreuten)
In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich.

§ 1906 BGB (Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung)
(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1. …

2. eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.


Beschlüsse vom 20. Juni 2012 – XII ZB 99/12 und XII ZB 130/12

XII ZB 99/12: AG Ludwigsburg – 8 XVII 58/2012 – Beschluss vom 30. Januar 2012, (veröffentlicht in FamRZ 2012, 739); LG Stuttgart – 2 T 35/12 – Beschluss vom 16. Februar 2012, (veröffentlicht in BtPrax 2012, 125)

und XII ZB 130/12: AG Ingolstadt – 17 XVII 78/11 – Beschluss vom 2. Januar 2012, LG Ingolstadt – 13 T 220/12 – Beschluss vom 27. Februar 2012

Karlsruhe, den 17. Juli 2012

Der Gesetzgeber formulierte in den Folgemonaten die Neufassung des § 1906 BGB. Am 26. Februar 2013 trat das am 17. Januar 2013 im Bundestag verabschiedete geänderte Gesetz in Kraft.

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn

1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.
§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.
(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.
(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.