VSWB

Vereinigung für sozialpädagogische und wirtschaftliche Betreuung e.V.

DIE EIGENHAFTUNG DES RECHTLICHEN BETREUERS UND DES BEVOLLMÄCHTIGTEN

Zurzeit bestehen in Deutschland ca. 1,4 Millionen rechtliche Betreuungen und eine nicht bekannte Anzahl von Vorsorgevollmachten, denen das Gesetz grundsätzlich den Vorzug gegenüber einer Betreuung einräumt (§ 1896 Abs. 2 BGB). In all diesen Fällen besteht für die betreuende Person ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko. Es ist hier völlig gleich, ob eine Betreuung im rechtlichen Sinne oder eine Vorsorgevollmacht vorliegt.

Der Gesetzgeber vertraut dem Betreuer oder Vollmachtnehmer fremdes Vermögen zur Verwaltung an. In diesen Fällen besteht erfahrungsgemäß eine strenge Haftung. Geregelt ist diese Haftung im § 1908i i. V. m. § 1833 BGB sowie im § 276 BGB. Dieses bedeutet, dass auch schon leichte Fahrlässigkeit eine Haftung des Betreuers oder Vollmachtnehmers begründen kann. Das im § 277 BGB geregelte Haftungsprivileg dergestalt, dass der Betreuer oder Vollmachtnehmer nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, besteht hier nicht.

Ein rechtlicher Betreuer bzw. Vollmachtnehmer haftet also für Schäden, die er dem Betreuten zugefügt hat. Ein Betreuer oder Bevollmächtigter haftet allerdings grundsätzlich nicht für die finanziellen Verpflichtungen des Betreuten. Eine rechtliche Grundlage hierfür bildet u. a. der § 164 BGB i. V. m. § 1902 BGB: § 164 BGB: Wirkung der Erklärung des Vertreters. (1) 1 Eine Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. 2 Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. (2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht. (3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt. § 1902 BGB: Vertretung des Betreuten. In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich.

Der BGH hat am 08.12.1994 zur eingeschränkten Haftung ein Urteil (III ZR 175/93) (PDF-Datei) erlassen, dass die o. g. Rechtsmeinung unterstreicht.

Das grundsätzliche Gebot der eingeschränkten Haftung für die finanziellen Verpflichtungen des Betreuten bzw. Vollmachtgebers lässt selbstverständlich Ausnahmen zu. Es gibt eine Reihe von Fehlern, die ein Betreuer bzw. Bevollmächtigter machen kann, für die er teilweise oder in vollem Umfang haftet. Nachfolgend werden hier einige Situationen geschildert, die eine Eigenhaftung des Betreuers oder Bevollmächtigten nicht ausschließen. Bitte bedenken Sie, dass hier nur einige Beispiele aufgeführt werden. Falls zum Thema „Eigenhaftung“ Beratungsbedarf besteht, wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt, Notar oder die für Sie zuständige Rechtspflegerin Ihres Amtsgerichtes. Wir leisten keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes und sind hierzu auch nicht befugt.

Beispiel 1:
Ein geschäftsfähiger Betreuter hat die gleichen Rechte und Pflichten wie ein volljähriger, nicht unter Betreuung stehender Bürger und kann völlig eigenständig handeln, Anträge bei Behörden stellen und rechtswirksam Geschäfte abschließen.

Der Betreuer handelt ausschließlich innerhalb seines Aufgabenkreises lediglich als Vertreter des Betreuten.

Diese Tatsache bedeutet nicht, dass der Betreuer dem Betreuten z. B. die Pflicht, bestimmte Anträge bei Behörden zu stellen, ohne Unterstützung überlassen kann! Bitte bedenken Sie immer, dass Sie für bestimmte Aufgaben bestellt wurden, weil Ihr Betreuter in diesem Bereich Hilfen benötigt.

Wenn Sie Ihrem Betreuten die Erledigung bestimmter Aufgaben innerhalb des vom Gericht festgelegten Aufgabenkreises selbst überlassen, sollten Sie die Durchführung in angemessener Zeit kontrollieren.

Wird z. B. bei der Stellung eines Antrages auf Sozialleistungen oder Krankenversicherungsschutz fahrlässig eine bestimmte Frist versäumt oder die Stellung des Antrages unterlassen, haften Sie ggf. für den daraus entstehenden Vermögensschaden des Betreuten. Ob Ihr Betreuter geschäftsfähig ist oder nicht, ist hier unerheblich!!!

Eine Grundlage für diese Situation bildet der § 823 BGB: § 823 BGB: Schadensersatzpflicht. (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) 1Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. 2Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Beispiel 2:
Das Amtsgericht Dortmund hat am 14.02.2006 (AZ: 125 C 1227/05) eine Betreuerin zur Zahlung eines Teiles der Kosten eines Pflegedienstes für den Betreuten verurteilt. Die Betreuerin hatte bei ihrer Unterschrift nicht ausreichend deutlich gemacht, dass sie in Vertretung ihres Betreuten handelt und nicht mit einem Vertretungszusatz unterzeichnet, obwohl offensichtlich bekannt war, dass sie in ihrer Eigenschaft als Betreuerin handelte.

Sie handelte laut Urteil auf Grund des fehlenden Vertretungszusatzes nicht als Betreuerin, sondern als Auftraggeberin, da für den Betreiber des Dienstes nicht eindeutig erkennbar war, dass sie als Vertreterin handelte. Weil im Vertrag hervorgehoben wurde, dass Leistungen, die grundsätzlich von keinem Kostenträger erstattet werden, immer zu Lasten des Auftraggebers gehen, wurde sie zur Zahlung eines nicht gedeckten Betrages verurteilt, da sie laut Urteil die Auftraggeberin war. Die Grundlage für dieses Urteil bildete u. a. der § 611 BGB. § 611 BGB: Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag. (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrages können Dienste jeder Art sein.

Wir haben u. a. aus diesem Urteil für unsere Arbeit als rechtliche Betreuer in unserem Verein folgende Konsequenz gezogen:

Wir unterschreiben in unserer Eigenschaft als rechtliche Betreuer alle Verträge grundsätzlich nur noch mit dem Zusatz: Unterzeichner/in handelt in Vertretung der/des Betreuten als gesetzlicher Vertreter/in gem. §§ 1896 ff. BGB. Wir gehen derzeit davon aus, dass uns dieser Zusatz vor rechtlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzungen ausreichend schützt. Eine 100 %ige Gewähr hierfür gibt es selbstverständlich nicht. Bevollmächtigte Personen sollten ggf. unter ihrer Unterschrift ebenfalls einen Zusatz in Form eines deutlichen Hinweises auf ihre Eigenschaft als Vertreter des Betroffenen hinterlassen.

Wir akzeptieren strikt und ohne Ausnahme keine Bürgschaften.

Einige Betreiber von Pflegeheimen versuchen z. B. das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Betreuten und (ggf. zukünftigen Bewohners) dem Betreuer aufzubürden und fordern zur Unterschrift unter eine entsprechenden Heimkostenübernahmeerklärung auf. In einigen Fällen wird diese Erklärung auch im Text des Heimvertrages versteckt. Bitte lesen Sie diese Verträge aufmerksam. Die Heimbetreiber haben keinen Rechtsanspruch auf diese oder ähnliche Erklärungen (Bürgschaften). Es wird u. U. sehr schwierig, diesen Fallen zu entkommen, wenn Sie einen derartigen Vertrag unterschrieben haben. Es können sehr hohe, Ihre Existenz bedrohende Forderungen auf Sie zukommen.

Wenn Sie eine ehrenamtliche Betreuung übernehmen, sollten Sie eine Vermögensschaden – Haftpflichtversicherung für rechtliche Betreuer abschließen. Sie sind hier i. d. R. nicht über Ihre Privat – Haftpflichtversicherung geschützt. Ggf. sollten Sie mit Ihrer Versicherung klären, ob Ihre Tätigkeit als rechtlicher Betreuer mitversichert ist oder nicht.

Für Hinweise und Informationen zu einer Haftpflicht – Versicherung für Bevollmächtigte wenden Sie sich bitte ebenfalls an Ihre Versicherungsgesellschaft. Ihre Privat – Haftpflichtversicherung trägt eventuelle Schäden im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Bevollmächtigter i. d. R. nicht.

Seit dem 01.07.2007 gibt es in NRW eine vom Land abgeschlossene kostenlose Haftpflichtversicherung für Ehrenamtliche zum Schutz vor Vermögensschäden (bis 100.000 € pro Schadensfall, max. 200.000 € pro Person und Jahr). Diese Landesversicherung läuft über die Zürich Versicherung AG. Im Schadensfall wenden Sie sich bitte an den Union Versicherungsdienst GmbH, Klingenbergstr. 4, 32758 Detmold z. Hd. Herrn F. Schultz, Tel.: 05231-6036112.

Ähnliche Regelungen gibt es auch in einigen anderen Bundesländern. Sie sollten sich unbedingt bei dem Betreuungsverein in Ihrer Nähe oder dem für Sie zuständigen Vormundschaftsgericht über die Regelungen in Ihrem Bundesland informieren.

Die Betreuungsvereine bieten Ihnen i. d. R. ebenfalls die Möglichkeit, Sie kostenlos zu versichern. Sie müssen kein Mitlied des Vereins Ihrer Wahl sein, sondern lediglich über diesen Verein organisiert sein. Nähere Informationen hierzu erteilen Ihnen die Vereine in Ihrer Nähe oder die Rechtspfleger Ihres Betreuungsgerichtsgerichtes.

Alle Tätigkeiten, die Sie außerhalb Ihres Aufgabenkreises für den Betreuten erledigen, führen Sie nicht in Ihrer Eigenschaft als Betreuer durch und sind in diesem Falle nicht durch Ihre Betreuer-Haftpflichtversicherung geschützt. Falls nicht klar ist, ob eine Tätigkeit zu Ihrem Aufgabenkreis gehört oder nicht, können Sie sich bei Ihrem örtlichen Betreuungsverein, der Betreuungsstelle oder dem Vormundschaftsgericht Ihrer Stadt informieren.

Unfallversichert sind Sie über das Land NRW. Nähere Informationen hierzu finden Sie auf unserer Seite Links unter Gesetze und weitere empfehlenswerte Adressen. Hier sind die Unfallversicherungsträger verzeichnet.

Ob eine Rechtsschutzversicherung für ehrenamtliche Betreuer sinnvoll ist oder nicht, können wir nicht beurteilen. Diese Entscheidung hat jeder Betreuer individuell zu treffen. Die Kosten für diese Versicherung werden von den Amtsgerichten nicht übernommen. Falls Sie rechtsschutzversichert sind, sollten Sie mit Ihrer Versicherung klären, ob Ihre Tätigkeit als rechtlicher Betreuer mitversichert ist oder nicht.